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Zur Organisation von Ambivalenz - Der systemische Ansatz in der Borderline- Therapie

Symptome als Lösungsversuche

In : Psychotherapie im Dialog. Heft 4. Stuttgart. Thieme (2000).

Im systemischen Ansatz werden Symptome, die in Zusammenhang mit der Diagnose Borderline auftreten, als Lösungsversuche für aktuelle und strukturelle Problemkonstellationen angesehen. Im Mittelpunkt des therapeutischen Interesses steht dabei ein spezifisches Interaktionsmuster Borderline- diagnostizierter KlientInnen, nämlich eine besondere Form der Organisation von Ambivalenz (Ebbecke-Nohlen 2000). Dieses Muster findet sich auf verschiedenen Interaktionsebenen wieder. Sowohl auf der Ebene der Beziehungsgestaltung zu den Bedürfnissen des eigenen Organismus, als auch auf der Ebene der tagtäglichenB eziehungsgestaltung zu anderen, z.B. zu Familie, Freundeskreis, beruflichem Umfeld etc. Besonders deutlich wird dieses Muster allerdings im therapeutischen Setting, wo sich im Hier und Jetzt besondere Beziehungsangebote von KlientInnen an TherapeutInnen und von TherapeutInnen an KlientInnen manifestieren. Die spezifische Organisation von Ambivalenz wird im systemischen Ansatz als Ressource betrachtet, mit deren Hilfe weitere Lösungsmöglichkeiten entwickelt werden können.

Systemische Borderline- Therapie kann, muß aber nicht im Kontext eines Familien- oder Paar- Settings erfolgen. Auch in Einzeltherapien wird mit dem systemischen Ansatz erfolgreich gearbeitet. Dabei erweist sich eine Veränderung des Settings der Einzeltherapie durch Einbeziehung von unterschiedlichen Familienangehörigen in die Gespräche als ausgesprochen hilfreich. Die systemische Borderline- Therapie versteht sich als Kurzzeittherapie und umfasst im ambulanten Kontext etwa zehn Therapiesitzungen. Der Abstand der einzelnen Sitzungen voneinander ist ebenso wie bei anderen Diagnosen variabel und liegt im Bereich von zwei, vier oder sechs Wochen, wobei gegen Ende auch größere Abstände denkbar sind. Eine Sitzung umfaßt eine Zeitstunde. Da auch in kurzzeittherapeutischen Ansätzen Veränderungen in der Regel Zeit benötigen, kann sich ein therapeutischer Prozeß auch über eineinhalb Jahre erstrecken.

Ziel der Therapie ist es, die Beziehungsmuster und den Kontext deutlich werden zu lassen, in denen sich die Symptomatik entfaltet, und die Möglichkeiten der Beteiligten, d.h. der identifizierten KlientInnen und gegebenenfalls ihrer Familienangehörigen zu erweitern. Eine solche Erweiterung der Optionen bezieht sich zum einen darauf, sowohl das bisherige Verhalten als Lösungsversuch zu erkennen, als auch andere Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und im Sinne einer Affektlogik andere Fühl- und Denkprozesse in Gang zu setzen (Ciompi 1997). Insofern ist mit jeder Therapie auch ein Wechsel der Perspektive verbunden, der es ermöglicht, sich selbst und die anderen in unterschiedlichen Kontexten neu zu sehen (Ebbecke-Nohlen 1994)

Die Diagnose Borderline wird in der systemischen Therapie ressourcenorientiert verstanden und nicht „konfliktorientiert“, d.h. Symptome werden nicht als Ausdruck eines Defizits oder eines Konfliktes gesehen. Sie werden mit den KlientInnen zusammen in einen Sinnzusammenhang gerückt, der das eigene Verhalten verständlich, die eigene Person akzeptabel und die Beziehungsgestaltung zu anderen nachvollziehbar macht. Die guten Gründe für das bisherige Verhalten im Sinne von Lösungsversuchen werden im therapeutischen Dialog herausgearbeitet und in Zusammenhang mit alternativen Lösungen und Zukunftsvisionen gebracht.

Systemische Borderline- Therapie verzichtet auf pathologisierende Persönlichkeitsbeschreibungen und Theorien und unterscheidet sich damit grundlegend von anderen therapeutischen Ansätzen. Im Vordergrund steht nicht die möglichst exakte Differentialdiagnose, sondern vielmehr Therapiemöglichkeiten, die es den Patientinnen und Patienten innerhalb von kurzer Zeit ermöglichen, ihr symptomatisches Verhalten anders wahrzunehmen und in der Folge gegebenenfalls zu verändern.

Die folgenden Überlegungen zur Borderline- Therapie wurden sowohl im Kontext psychotherapeutischer und supervisorischer Tätigkeit als auch im Rahmen lehrtherapeutischer Tätigkeit im Bereich systemischer Weiterbildung entwickelt. Zur Veranschaulichung des systemischen Ansatzes werden anhand eines Fallbeispiels wesentliche Schritte einer Therapie mit einer Borderline- diagnostizierten Klientin aufgezeigt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Gestaltung des Erstgesprächs, das im systemischen Ansatz von besonderer Bedeutung ist, da es die wesentlichen Elemente der gesamten Therapie bereits im Kern enthält. Im Schlußteil des Beitrags liegt der Schwerpunkt auf der für Borderline- Kommunikation spezifischen Organisation von Ambivalenz. Typische, im therapeutischen Kontext beobachtbare Interaktionsmuster werden erörtert und unterschiedliche Lösungsoptionen entwickelt.

 

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